Die LUGS und die anderen Unterzeichner fordern, dass Software weiterhin nicht patentierbar sein soll, und dass folglich die Aenderung des EPUe, dies zu ermöglichen, abgelehnt werden soll.
Da dieser Text, als Petition, von verschiedenen Parteien (Unterschreibende, IGE, etc) mit sehr verschiedenen Vorbildungen (in Gesetzen und in Software erstellen) gelesen wird, wird möglichst wenig Vorwissen über Gesetze und erwähnte Technologien seitens des Lesers vorausgesetzt. Daher werden Grundlagen, die nicht Allgemeinwissen sind, erklärt, auf Kosten der Grösse des Textes.
Dieser Text addressiert folgende Themen:
1. Einführung in diesen Petitionstext
2. Patentrecht ist nicht Urheberrecht
3. Vorgeschichte des Europäischen Patent Uebereinkommens
4. Der Prozess der Software Erstellung
5. Traditionell: die Closed Source Software Methode
6. Einfluss von Patenten auf Closed Source
7. Prinzipbedingte Schwächen von Closed Source
8. Neu: die Open Source Software Methode
9. Prinzipbedingte Stärken von Open Source
10. Bedingungen für Open Source und wie Patente es verhindern
können
11. Einfluss von existierenden Patenten
12. Wirkung von noch mehr Patenten, insbesondere solche für
Software
13. Andere Experten zu diesem Thema
14. Zusammenfassung
Dies ist die zweite, sprachlich redigierte, aber inhaltlich
gleichbedeutende, Version des Petitionstextes.
Urheberrechte verbieten daher, für eine limitierte Zeit, Kopien
eines geschützten Werkes herzustellen und zu vertreiben, ohne eine
Genehmigung vom Autor zu besitzen, die er nur gegen Bezahlung geben
wird.
Urheberrechte haben keine Auswirkung auf die Möglichkeit anderer
Autoren, ein konkurrenzierendes Werk zu erstellen, zu vertreiben
oder zu nutzen.
Patente verbieten daher, für eine limitierte Zeit,
Konkurrenzprodukte auf Basis der neuen Technologie herzustellen und zu
vertreiben, ohne eine Genehmigung vom Inhaber zu besitzen, die er nur
gegen Bezahlung geben wird.
Patente haben daher grosse Auswirkungen auf die Möglichkeit
anderer Entwickler, ein konkurrierendes Produkt zu entwickeln. Daher
muss ihr Nutzen mit dem Schaden den sie anrichten abgewogen werden.
Diese schädlichen Auswirkungen sind es, welche die Open Source
Entwickler zunehmend in ihrer Arbeit hindern und die in dieser
Petition ausgedrückte Opposition hervorrufen.
Dieses Abkommen beinhaltet einen Artikel, der u.a. "Computer Programme als
solches" von der Patentierbarkeit ausschliesst. Eben dieser Artikel soll
nun u.a. an der bevorstehenden Konferenz in München aus dem EPC
gestrichen werden.
In einer Vorabstimmung haben sich die Mitgliedsländer 10:9 knapp
geeinigt, dass die
Löschung dieses Artikels Teil des Entwurfs eines Paketes sein
soll, über das an der bevorstehenden Konferenz abgestimmt werden soll.
Die "3 Grossen" (Deutschland, Frankreich, Grossbritannien) haben alle die
Aenderung abgelehnt, obwohl ihre Softwarendustrie am ehesten noch von der
Aenderung profitieren könnte. Die Schweizer Delegation fand sich bei
dieser Abstimmung unter den 10 zustimmenden Ländern.
Die Deutsche Delegation hat angekündigt, dass ihnen der Erhalt dieses
Artikels wichtig ist:
"werde man
notfalls das EPUe insgesamt platzen lassen". Es ist aber zu
befürchten, dass die anderen 8 Staaten, die die Streichung ablehnten,
nicht soweit gehen möchten, und dass folglich das Paket die notwendige
2/3 Mehrheit (13) schaffen könnte.
Da die Schweizer Delegation bisher für die Aenderung ist, haben wir
uns entschlossen, Ihnen unsere Argumente für eine Ablehnung der
Aenderung darzulegen. Die Petitionsinitianten sammeln daher Unterschriften,
um dieser Darstellung Gewicht zu verleihen.
Daher folgt hier zuerst eine Beschreibung der traditionellen Methode und
der Auswirkungen darauf, welche die Aenderung des Patentrechtes mit sich
bringt. Danach folgt eine Beschreibung der Open Source Methode und der
Auswirkungen darauf, welche die Aenderung des Patentrechtes mit sich
bringt.
Eine von einem Hersteller eingestellte Gruppe von Entwicklern
erstellt einen textuellen Beschrieb, was der Computer machen soll (Source
Code). Dieser Source Code wird beim Hersteller umgewandelt in das
eigentliche ausführbare Program (Binary Code). Kopien vom Binary
Code ohne Source Code werden an die Benutzer verteilt, gegen
Bezahlung einer Lizenzgebühr per Kopie, aus der dann der
Hersteller, seine Entwickler und die Investoren bezahlt werden.
Weil der Source Code nur für die Organisation des Herstellers
verfügbar ist, wird diese Methode Closed Source genannt.
Andereits haben Patente für Closed Source Software Hersteller
Vorteile: Sie können sich damit der lästigen Konkurrenz
entledigen (indem sie nicht lizenzieren, oder aber zu hohen Preisen). In
diesem Sinne bevorzugt das Patentsystem grosse Firmen, die finanziell
stärker sind, während kleine und mittelgrosse Firmen und
Individuen benachteiligt werden.
Aus diesem Grund wehren sich Anhänger der Open Source Methode gegen
alles, was diese Methode hindern oder gar verunmöglichen könnte.
Wie z.B. Patente auf Software.
Aus der Beschreibung, wie Open Source Software zustande kommt, kann man
ableiten, was für Bedingungen nötig sind, damit Open Source als
Methode ermöglicht werden kann:
Folge: ein Patent auf eine Technologie verhindert vollständig
jegliche Open Source Programme auf der Basis dieser Technologie. Das
heisst, die Entwicklung von einem 100% auf Open Source basierten System,
das konkurrenzfähig ist zu Closed Source, wird verunmöglicht.
Profitieren wird von diesem Zustand v.a die US-amerikanische
Grosssoftwareindustrie, sie so ihren Hauptkonkurrenten los wird.
Jedes weitere Patent kann ein weiteres Dateiformat, aber auch ein User
Interface Element, oder ein anderes Software Feature für Open Source
Programmierer nicht nachbaubar machen. Man stelle sich vor, Pull-Down
Menüs wären patentiert worden: es wären keine Open Source
Programme mit graphischer Benutzeroberfläche möglich!
Konsequenz davon ist, dass Open Source Programme immer weiter hinter Closed
Source Programmen zurückbleiben müssen, nicht durch schlechte
Programmierer oder eine schlechte Methode, sondern durch ein gar nicht
beabsichtigtes gesetzliches Verbot.
Als Folge verlieren die Benutzer die Auswahl an Software, und
Rechnersystemen, die durch Open Source möglich wird. Neue innovative
Entwicklungen werden verhindert.
Wenn man bedenkt, dass der Zweck des Patentrechtes ist, Erfindungen
offenzulegen, damit mehr Wissen verfügbar wird, damit der Benutzer
mehr Auswahl bekommt, so ist diese Massnahme, Software patentierbar zu
machen, die zu weniger Auswahl führt, ein klassischer "Schuss
nach hinten hinaus".
Interessant ist z.B. die auf der EU Website publizierte Studie:
"The Economic Impact of Patentability of Computer Programs", in der der
Autor, zum Schluss kommt, ...
As shown in our economic study of the literature (Section III of our
report), most economists have doubts whether economic efficiency, i.e.
increased overall welfare, is achieved by having or making computer
program related inventions patentable
..., also dass der Nutzen der Aenderung bezweifelt wird. Und zu diesem
Schluss kommt er trotz einer Fehleinschätzungen zugunsten der
Aenderung:
Er geht davon aus, dass jeder Entwickler, auch kleine, von Patenten
profitieren können, indem sie einfacher Investitionen anziehen
können, oder durch verhinderte Konkurrenz, oder durch Verkauf von
Lizenzen. Dies ist aber beides nicht der Fall bei Open Source
Entwicklern, da sie keine Investoren benötigen und Verkauf gar nicht
vorgesehen ist.
Wenn man nun "Nutzen der Aenderung bezweifelt" nimmt, die
Fehleinschätzung subtrahiert und dann noch die schädlichen
Effekte ansieht, dann gibt es nur einen Schluss für die Aenderung: sie
ist kontraproduktiv. Eben diesen Standpunkt scheint die Deutschen,
Franzosen und Briten überzeugt zu haben.
Software Patente lösen ein kleineres Problem (Neuerungen
verfügbar machen, das auch durch Reverse-Engineering gelöst
werden kann, das kostet einfach Zeit oder Geld) und produzieren dafür
ein grösseres Problem (Lizenzen bezahlen, das für Open Source
nicht gelöst werden kann).
Aus diesem Grund fordert der LUGS die Delegation des IGE auf, in
München gegen diese Ausweitung des Patentrechtes zu stimmen, und so
diese schlechte Aenderung zu verhindern zu helfen.
Autor: Diese Seite ist nach der Open Source Methode entstanden, Erst-Autor
is Neil Franklin,
Korrekturen und Ergänzungen kamen von verschiedenen Mitgliedern vom
LUGS.
Letzte Aenderung (Version 1): 2000.11.05
Letzte Aenderung (Version 2, diese): 2000.11.09
Copyright: Kopien dürfen nach belieben kostenlos verbreitet werden,
solange der Text nicht verändert wird. Uebersetzungen dürfen
beliebige gemacht werden, solange sie klar als solche deklariert werden und
an der selbigen Stelle einen Link auf ein Exemplar in der Originalsprache
haben.
2. Patentrecht ist nicht Urheberrecht
Diskussionen innerhalb des LUGS haben ergeben, dass der Unterschied dieser
beiden Gesetzte vielen nicht bekannt ist. Insbesondere sind die deutlich
schwerwiegenderen Folgen von Patenten gegenüber dem viel bekannteren
Urheberrecht weithin unbekannt. Dies dürfte auch für viele andere
potenzielle Unterschreibende gelten. Daher eine kurze Beschreibung:
Bei dieser Petition geht es um Patentrecht, nicht um Urheberrecht.
3. Vorgeschichte des Europäischen Patent Uebereinkommens
Die Europäische Union (EU) hat, im Rahmen ihrer Arbeit zur
Vereinheitlichung der Gesetze ihrer Mitgliedsländer, ein
Europäisches Patent Uebereinkommen (EPUe) erschaffen, das auch auf
einige nicht-EU Länder, darunter die Schweiz, ausgeweitet wurde.
4. Der Prozess der Software Erstellung
Um zu verstehen, warum Patente im generellen und diese Aenderung im
spezifischen eine viel schädliche Auswirkung auf die Entwicklung von
Open Source Software (und somit auf die technologische Entwicklung der
Schweiz) haben als auf traditionelle Software muss man in Betracht ziehen,
wie Software erstellt wird und was bei der Open Source Methode anders ist.
5. Traditionell: die Closed Source Software Methode
In der traditionellen industriellen Softwareentwickling wird verfahren
nach dem selbigen Methoden, wie in der Maschinenbau-, Elektrotechnik-,
Chemie-, etc -Industrie:
6. Einfluss von Patenten auf Closed Source
Da Closed Source Software stets gegen Bezahlung per Kopie abgegeben wird
(ausser der Hersteller verschenkt sie aus Marketinggründen),
können allfällige Patentgebühren einfach auf den
Verkaufspreis aufgeschlagen werden, genau so wie alle anderen Kosten des
Herstellers.
7. Prinzipbedingte Schwächen von Closed Source
Closed Source hat seit dem Anbeginn einige schwere Probleme:
Aus diesen Gründen suchen Benutzer seit langer Zeit nach besseren
Methoden, zu Software zu kommen.
8. Neu: die Open Source Software Methode
Die Open Source Methode umgeht alle diese Probleme, da es dabei keinen
Hersteller im industriellen Sinne mehr gibt. Statt dessen werden
Programme von einer zufälligen projektbezogenen Interessengruppe von
unabhängigen Entwicklern erstellt:
Weil der Source Code allen Personen offen steht wird diese Methode Open
Source genannt.
9. Prinzipbedingte Stärken von Open Source
Die Stärken sind genau der Gegensatz zu den Schwächen von Closed
Source. All das, was von dem verfügbaren Source Code her kommt:
Dazu kommen noch weitere Stärken:
Dies alles erzeugt äussert gute, robuste, benutzeroptimierte,
verlässliche Software, die keiner je missen will, der sie einmal
kennen gelernt hat.
10. Bedingungen für Open Source und wie Patente es verhindern
können
Um nun zu zeigen, wie Patente auf Software die Open Source Methode
behindern und sogar verunmöglichen können, müssen die
schwachen Punkte der Methode etwas analysiert werden.
Patente erlauben es nun, den Erfindern von Technologien, die Herstellung
von Konkurrenzprodukten (was jede Open Source Software, die eine Closed
Source Software ersetzt, ist) zu verbieten, so lange der Ersteller des
Konkurrenzproduktes nicht Lizenzabgaben bezahlt. Diese sind zumeist per
Kopie zu bezahlen. Dies ist nun aber mit der, für Open Source
notwendigen, kostenlosen Verteilbarkeit von Kopieen und der
Unmöglichkeit, die Anzahl Kopien zu bestimmen, unmöglich
vereinbar.
11. Einfluss von existierenden Patenten
Als Beispiele für die schädliche Wirkung von Patenten auf Open
Source muss man bereits heute nicht weit suchen, nämlich bei Software,
die patentierte Algorithmen benötigt:
So ist, wie man sieht, v.a. bei Software die Dateiformate auswerten
muss, nicht zu vermeiden, dass solche Programme durch Patente nicht mehr
schreibbar werden.
12. Wirkung von noch mehr Patenten, insbesondere solche für
Software
Bisher sind von Patenten nur Programme betroffen, die komplexe
mathematische Algorithmen brauchen, die heute schon patentierbar sind. Mit
einer generellen Patentierbarkeit von Software wird dieses Problem sich
auf alle Programmkategorieren ausdehnen.
13. Andere Experten zu diesem Thema
Natürlich sind wir nicht die Einzigen, die zu diesem Thema schreiben.
14. Zusammenfassung
Die vorgeschlagene Aenderung bringt selbst nach der Meinung von Experten
in Patenten nicht viel. Sie bringt anderseits nach unserer
Einschätzung als Experten in Open Source grossen Schaden.
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