Da dieser Text, als Petition, von verschiedenen Parteien (Unterschreibende, IGE, etc) mit sehr verschiedenen Vorbildungen gelesen wird, wird möglichst wenig Vorwissen über Gesetze und erwähnte Technologien seitens des Lesers vorausgesetzt. Daher werden Grundlagen, die nicht Allgemeinwissen sind, für die anderen Leser erklärt, auf Kosten der Grösse des Textes.
Dieser Text addressiert folgende Themen:
Urheberrecht versus Patentrecht
Diese Gesetze verbieten daher, für eine limitierte Zeit, Kopien
eines geschützten Werkes herzustellen und zu vertreiben, ohne eine
Genehmigung vom Autor zu besitzen, die er nur gegen Bezahlung geben
wird.
Diese Gesetze haben keine Auswirkung auf die Möglichkeit anderer
Autoren, ein konkurrierendes Werk zu erstellen, zu vertreiben oder zu
nutzen.
Diese Gesetze verbieten daher, für eine limitierte Zeit,
Konkurrenzprodukte auf Basis der neuen Technologie herzustellen und zu
vertreiben, ohne eine Genehmigung vom Autor zu besitzen, die er nur
gegen Bezahlung geben wird.
Diese Gesetze haben daher grosse Auswirkungen auf die Möglichkeit
anderer Entwickler, ein konkurrierendes Produkt zu entwickeln. Daher
muss ihr Nutzen mit dem Schaden den sie Anrichten abgewogen werden.
Diese schädlichen Auswirkungen sind es, die die Open Source
Entwickler zunehmend in ihrer Arbeit hindern und die in dieser Petition
ausgedrückte Opposition hervorrufen.
Dieses Abkommen beinhaltet momentan einen Artikel, der u.a. "Computer
Programme als solches" von der Patentierbarkeit ausschliesst. Eben dieser
Artikel soll nun u.a. an der erwähnten Konferenz in München aus
dem EPC gestrichen werden.
In einer Vorabstimmung haben sich die Mitgliedsländer 10:9 knapp
geeinigt, dass die
Löschung dieses Artikels Teil des Entwurfs eines Paketes sein soll,
über das an der erwähnten Konferenz abgestimmt werden soll. Die
"3 Grossen" (Deutschland, Frankreich, Grossbritannien) haben alle die
Aenderung abgelehnt, trotz dem, dass sie eine Softwareindustrie haben, die
von der Aenderung profitieren könnte. Die Schweizer Delegation hat bei
dieser Abstimmung zu den 10 Zustimmenden gehört.
Die Deutsche Delegation hat angekündigt, dass ihnen der Erhalt dieses
Artikels wichtig ist:
"werde man
notfalls das EPUe insgesamt platzen lassen". Es ist aber zu
befürchten, dass die anderen 9, die die Streichung ablehnten nicht
bereit sind soweit zu gehen, und dass folglich das Paket die notwendige 2/3
Mehrheit (13) schaffen könnte.
Da die Schweizer Delegation bisher für die Aenderung ist, haben wir
uns entschlossen, ihnen unsere Argumente für eine Ablehnung der
Aenderung darzulegen. Diese Petition sammelt Unterschriften um dieser
Darstellung Gewicht zu verleihen.
Daher folgt hier zuerst eine Beschreibung der traditionellen Methode und
der Wirkung von Patenten darauf. Damach folgt eine Beschreibung der Open
Source Methode und der Wirkungen von Patenten darauf.
Eine von einem Hersteller eingestellte Gruppe von Entwicklern
erstellt einen textuellen Beschrieb, was der Computer machen soll (Source
Code). Dieser Source Code wird beim Hersteller umgewandelt in ein ein
eigentliches ausführbares Program (Binary Code). Kopien vom Binary
Code werden an die interessierten Benutzer verteilt, gegen
Bezahlung einer Lizenzgebühr per Kopie (unter Nutzung des
Urheberrechtes), aus der dann der Hersteller, seine Entwickler und die
Investoren bezahlt werden.
Weil der Source Code nur für die Organisation des Herstellers
verfügbar ist wird diese Methode Closed Source genannt.
Andereits haben Patente für Closed Source Software Hersteller
Vorteile: Sie können sich damit der lästigen Konkurrenz
entledigen (indem sie nicht lizenzieren, oder aber zu hohen Preisen).
Aus diesem Grund wehren sich Anhänger der Open Source Methode gegen
alles, was diese Methode verunmöglichen könnte. Wie z.B. Patente
auf Software.
Aus der Beschreibung, wie Open Source Software zustande kommt, kann man
ableiten, was für Bedingungen nötig sind, damit Open Source als
Methode ermöglicht werden kann:
Das ist nun aber mit der, für Open Source notwendigen, kostenlosen
Verteilbarkeit und der Unmöglichkeit, die Anzahl Kopien zu bestimmen,
nicht vereinbar. Folge: ein Patent auf eine Technologie verhindert
vollständig jegliche Open Source Programme auf der Basis dieser
Technologie. Das heisst, die Entwicklung von einem 100% Open Source
basierten System, das konkurrenzfähig ist zu Closed Source, wird
verunmöglicht.
Bisher sind davon nur Programme betroffen, die komplexe mathematische
Algorithmen brauchen, die heute schon patentierbar sind. Mit einer
generellen Patentierbarkeit von Software wird dieses Problem sich auf alle
Programmkategorieren ausdehnen. Man stelle sich vor, Pull-Down Menüs
wären patentiert worden, es wären keine Open Source Programme mit
GUI möglich!
Konsequenz davon ist, dass Open Source Programme immer weiter hinter Closed
Source Programmen zurückbleiben müssen, nicht durch schlechte
Programmierer oder schlechte Methode, sondern durch ein nicht
beabsichtigtes indirektes gesetzliches Verbot.
Als Folge verlieren die Benutzer die Auswahl an Software, und
Rechnersystemen, die durch Open Source möglich wird. Neue innovative
Entwicklungen werden unterbunden.
Wenn man bedenkt, dass der Zweck des Patentrechtes ist, Erfindungen
offenzulegen, damit der Benutzer mehr Auswahl bekommt, so ist diese
Massnahme, Software patentierbar zu machen, die zu weniger Auswahl
führt, ein klassischer "Schuss nach hinten hinaus".
Interessant ist z.B. die auf der EU Website publizierte Studie:
"The Economic Impact of Patentability of Computer Programs", in der der
Autor, zum Schluss kommt, dass:
As shown in our economic study of the literature (Section III of our
report), most economists have doubts whether economic efficiency, i.e.
increased overall welfare, is achieved by having or making computer
program related inventions patentable
also, dass der Nutzen der Aenderung bezweifelt wird, und zu diesem Schluss
kommt er trotz Fehleinschätzungen des Open Source zugunsten der
Aenderung:
Er geht davon aus, dass jeder Entwickler, auch kleine, von Patenten
profitieren können, in Form von Investitionen anziehen und durch keine
Konkurrenz oder durch Verkauf von Lizenzen.
Dies ist aber nicht der Fall bei Open Source Entwicklern, da keine
Investoren benötigt werden und Verkauf durch die freie
Verfügbarkeit eh keinen Abnehmer findet und von Entwickler aus auch
nicht angepeilt wird.
Wenn man nun "Nutzen der Aenderung bezweifelt" nimmt, die Fehleinschaetzung
subtrahiert und dann noch die schädlichen Effekte ansieht, dann gibt
es nur einen Schluss für die Aenderung: sie ist
kontraproduktiv. Eben diesen Standpunkt scheint die Deutschen,
Franzosen und Briten überzeugt zu haben.
Software Patente lösen ein kleineres Problem (Neuerungen
verfügbar machen, das auch durch Reverse-Engineering gelöst
werden kann) und produzieren dafür ein grosseres (Lizenzen bezahlen,
das für Open Source nicht gelöst werden kann).
Aus diesem Grund fordert der LUGS die Delegation des IGE auf, in
München gegen diese Ausbreitung des Patentrechtes zu stimmen, und so
diese schlechte Aenderung zu verhindern zu helfen.
Autor: Diese Seite ist nach der Open Source Methode entstanden, Erst-Autor
is Neil Franklin,
Additionen kamen von verschiedenen Mitgliedern vom LUGS.
Letzte Aenderung: 2000.11.05
Copyright: Kopien dürfen nach belieben kostenlos verbreitet werden,
solange der Text nicht verändert wird. Uebersetzungen dürfen
beliebige gemacht werden, solange sie klar als solche deklariert werden und
an der selbigen Stelle einen Link auf auf ein Exemplar in der
Originalsprache haben.
Vorgeschichte des Patent Uebereinkommens
Der Prozess der Software Erstellung
Traditionell: die Closed Source Software Methode
Einfluss von Patenten auf Closed Source
Prinzipbedingte Schwächen von Closed Source
Neu: die Open Source Software Methode
Prinzipbedingte Stärken von Open Source
Bedingungen für Open Source und wie Patente es verhindern
können
Einfluss von existierenden Patenten
Wirkung von noch mehr Patenten, insbesondere solche für
Software
Andere Experten zu diesem Thema
Zusammenfassung
Urheberrecht versus Patentrecht
Diskussionen innerhalb des LUGS haben ergeben, dass der Unterschied dieser
beiden Gesetzte nicht weit bekannt ist. Insbesondere sind die deutlich
schwereren Folgen von Patenten gegenüber dem deutlich bekannteren
Urheberrecht weithin unbekannt. Dies dürfte auch für viele andere
potenzielle Unterschreibende gelten. Daher eine kurze Beschreibung:
Bei dieser Petition geht es nicht um Urheberrecht, bei dieser
Petition geht es um Patente.
Vorgeschichte des Patent Uebereinkommens
Die Europäische Union (EU) hat, im Rahmen ihrer Arbeit zur
Vereinheitlichung der Gesetze ihrer Mitgliedsländer, ein
Europäisches Patentübereinkommen (EPUe), erschaffen, dass auch
auf einige nicht-EU Länder, darunter auch die Schweiz, ausgeweitet
wurde.
Der Prozess der Software Erstellung
Um zu verstehen, warum dieses Patente im Generellen und diese Aenderung im
spezifischen eine schädliche Auswirkung auf die Entwicklung von neuer
Software (und somit die technologische Entwicklung der Schweiz) hat, die
sie nicht auf traditionelle Software hat, muss man zuerst anschauen, wie
Software erstellt wird und was bei der Open Source Methode anders ist.
Traditionell: die Closed Source Software Methode
In der traditionellen industriellen Software wird verfahren nach dem
selbigen Methoden, wie im Maschinenbau-, in der Elektrotechnik-, in der
Chemie-, etc -Industrie:
Einfluss von Patenten auf Closed Source
Da Closed Source Software stets gegen Bezahlung per Kopie abgegeben wird
(ausser der Hersteller verschenkt sie aus Marketinggründen),
können allfällige Patentlizenziergebühren einfach auf dem
Verkaufspreis aufgeschlagen werden, genau so wie alle anderen Kosten des
Herstellers.
Prinzipbedingte Schwächen von Closed Source
Closed Source hat seit dem Anbeginn in den 1970ern einige schwere Probleme:
Neu: die Open Source Software Methode
Die Open Source Methode umgeht alle diese Probleme, da es keinen
Hersteller im industriellen Sinne mehr gibt. Statt dessen werden
Programme von einer zufälligen Interessengruppe von unabhängigen
Entwicklern erstellt:
Weil der Source Code allen Personen offen steht wird diese Methode Open
Source genannt.
Prinzipbedingte Stärken von Open Source
Die Stärken sind genau der Gegensatz zu den Schwächen von Closed
Source. All das, was von dem verfügbaren Source Code her kommt:
Dazu kommen noch weitere Stärken:
Dies alles erzeugt äussert gute, robuste, benutzeroptimierte,
velässliche Software, die keiner je missen will, der sie einmal kennen
gelernt hat.
Bedingungen für Open Source und wie Patente es verhindern
können
Um nun zu zeigen, wie Patente auf Software die Open Source Methode
behindern und sogar verunmöglichen können, müssen die
schwachen Punkte der Methode etwas analysiert werden:
Patente erlauben nun den Erfindern von Technologien, die Herstellung von
Konkurrenzprodukten (was jede Open Source Software, die eine Closed Source
Software ersetzt, ist) zu verbieten, so lange der Ersteller des
Konkurrenzproduktes nicht eine Lizenzabgabe bezahlt. Diese Lizenzabgaben
sind zumeist per Kopie zu bezahlen.
Einfluss von existierenden Patenten
Als Beispiele für diese schädliche Wirkung muss man bereits heute
nicht weit suchen, nämlich bei Software, die patentierte Algorithmen
benötigt:
So ist, wie man sieht, v.a. bei Software, die Dateiformate auswerten
muss, nicht zu vermeiden, so dass solche Programme durch Patente nicht
schreibbar werden.
Wirkung von noch mehr Patenten, insbesondere solche für
Software
Jedes weitere Patent kann ein weiteres Dateiformat, aber auch ein User
Interface Element, oder ein anderes Software Feature für Open Source
Programmierer nicht nachbaubar machen.
Andere Experten zu diesem Thema
Natürlich sind wir nicht die Einzigen, die zu diesem Thema schreiben.
Zusammenfassung
Die vorgeschlagene Aenderung bringt selbst nach der Meinung von Experten
in Patenten nicht viel. Sie bringt anderseits nach unserer Einschaetzung
als Experten in Open Source grossen Schaden.
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